Kaum waren die Kameras ausgeschaltet, wurde es hitzig. Es ging um angebliche Nachteile und Ungerechtigkeiten einzelner Teilnehmer. Aber von vorn…
Im ersten Teil der dreiteiligen Sendereihe “Agroa24” ging es um das Thema Eberswalde als soziale Stadt. Zwei weitere Sendungen folgen am 23. Mai im bloc.Café im Rofinpark sowie am 31. Mai im großen Saal des Bürgerbildungszentrums (BBZ).
Markus Pettelkau ist Redakteur der Märkischen Oderzeitung, kurz MOZ und modiert die Sendung. Zu jedem Event lädt er Vertreterinnen und Vertreter der Kommunalpolitik in Eberswalde ein und fühlt den Kandidaten zu verschiedenen Themenblöcken auf den Zahn.
Zahnschmerzen hat dieses Tasten bei so manchem Gast am vergangenen Donnerstag wohl geführt. Denn Carsten Zinn mahnte wiederholt den Vorwurf der Ungerechtigkeit an (ab 47:50 Min). Eine Auszählung der reinen Redeanteile sah bis zu diesem Zeitpunkt wie folgt aus:
- Dietmar Ortel (CDU) – 382 Sekunden
- Carsten Zinn (parteilos) – 572 Sekunden
- Torsten Wiebke (Bündnis 90/Die Grünen) – 645 Sekunden
- Steve Rennert (SPD) – 707 Sekunden
Um inhaltlich eine neutrale Rolle einzunehmen, haben wir eine K.I. verwendet, die die Argumente der vier Kandidaten auswertet.
Redaktioneller Hinweis
Wahlen für die Stadt, den Kreis und Europa
Am 9. Juni 2024 steht in der Barnimer Kreisstadt ein wahrer “Superwahltag” an: Neben der Europawahl und Kreistagswahl finden auch die Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung statt. Um die Wähler schon im Vorfeld auf die wichtigsten kommunalpolitischen Themen einzustimmen, veranstaltete die “Märkische Oderzeitung” gemeinsam mit der Medienanstalt Berlin-Brandenburg eine Podiumsdiskussion unter dem Motto “Agora 24”.
Im historischen Dietrich-Bonnhöfer-Haus trafen sich die Kandidaten von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und SPD, um über Fragen der Sozialpolitik zu diskutieren. Moderator Markus Pettelkau führte die Runde durch drei Schwerpunktthemen: die medizinische Versorgung, Sport- und Kulturangebote sowie die Entwicklung des Brandenburgischen Viertels.
Ärztlicher Nachwuchs dringend gesucht
Gleich zu Beginn wurde deutlich, dass die medizinische Infrastruktur in Eberswalde große Herausforderungen birgt. “Wir haben Lücken vor allem bei Kinderärzten und Hautärzten”, bekannte CDU-Kandidat Dietmar Ortel. Die Stadt habe zwar zwei leistungsfähige Krankenhäuser sowie medizinische Versorgungszentren, dennoch gebe es einige Stadtteile, in denen Praxen mangels Nachfolger geschlossen werden müssen.
Um dem entgegenzuwirken, hat Eberswalde ein Förderprogramm für die Ansiedlung von Ärzten aufgelegt. “Damit konnten wir in den letzten Jahren vier neue Praxen eröffnen”, erklärte Ortel. Insgesamt standen dafür in den letzten beiden Haushaltsjahren jeweils 100.000 Euro zur Verfügung – ein Betrag, den SPD-Kandidat Steve Renard jedoch als zu gering kritisierte. “Es kann nicht sein, dass der städtische Haushalt die Lücken stopfen muss, die eigentlich Aufgabe von Bund und Land wären”, monierte er.
Renard verwies darauf, dass seine Fraktion den Antrag für das Förderprogramm eingebracht habe, die CDU-Fraktion jedoch nicht als Miteinreicher aufgetreten sei. “Erst im Nachgang haben sie sich dann daran beteiligt”, sagte er. Ortel widersprach energisch: “Ich habe mich in allen Ausschüssen sehr dafür eingesetzt und auch in der Stadtverordnetenversammlung dafür gestimmt.”
Grünen-Kandidat Thorsten Wiebke sah in den Förderprogrammen allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. “Das löst das Problem langfristig nicht”, betonte er. Vielmehr müsse man die Attraktivität der Stadt für Ärzte und medizinisches Fachpersonal insgesamt steigern. “Ärzte sind Menschen mit Familien, die brauchen eine gute Infrastruktur, bezahlbaren Wohnraum und Perspektiven für ihre Angehörigen”, sagte Wiebke.
Er plädierte dafür, verstärkt in medizinische Versorgungszentren zu investieren, anstatt weiter auf das klassische Modell der Einzelpraxen zu setzen. Auch die Arbeitsbedingungen und Work-Life-Balance für Mediziner müssten verbessert werden. “Sonst bekommen wir den Ärztemangel auf Dauer nicht in den Griff”, warnte der Grünen-Kandidat.
Sport und Kultur für alle Altersgruppen
Neben der medizinischen Versorgung thematisierte die Runde auch das breit gefächerte Sport- und Kulturangebot in Eberswalde. “Wir haben tolle Fußballvereine, American-Football-Teams, Schach- und Tischtennisclubs – das ist schon beachtlich für eine Stadt unserer Größe”, hob Renard hervor. Auch im Bereich Kultur tue sich einiges, etwa mit dem traditionellen Matthias-Reim-Konzert oder dem Waldstadtfestival.
Allerdings räumten die Kandidaten ein, dass nicht alle Altersgruppen gleichermaßen erreicht werden. “Gerade jüngere Menschen wünschen sich mehr Möglichkeiten, um sich auszutoben und auszuleben”, sagte Ortel. Er verwies auf den Jugenddialog, den die Stadtverordneten angestoßen haben, um die Bedürfnisse der Jugend besser kennenzulernen.
Wiebke betonte, dass die Stadt nicht allein dafür verantwortlich sei, ein attraktives Kulturprogramm auf die Beine zu stellen. “Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, um Eigeninitiative und Engagement der Bürger zu fördern”, erklärte er. Oftmals scheiterten gute Ideen daran, dass die Verwaltung als “Verhinderer” auftrete, statt als Ermöglicher.
Renard wies darauf hin, dass der städtische Haushalt bei weitem nicht alle Wünsche erfüllen könne. “Wir müssen sehen, dass wir bei Sport und Kultur einen guten Mix aus Eigeninitiative, Vereinsarbeit und öffentlicher Förderung hinbekommen”, sagte er. Wichtig sei es, die Menschen zur Mitarbeit zu motivieren, anstatt alles von oben verordnen zu wollen.
Brandenburgisches Viertel: Zwischen Problemen und Potenzial
Kontrovers diskutierten die Kandidaten schließlich die Situation im Brandenburgischen Viertel. Ortel räumte ein, dass es hier noch “Krisengebiete” gebe, etwa entlang der Hafelstraße und in Teilen der Flemingstraße. “Aber insgesamt sehe ich durchaus Fortschritte”, betonte er. Die Investitionen in den Wohnungsbestand, die Schaffung neuer Kita-Plätze und die Aufwertung der Grünanlagen zeigten Wirkung.
Wiebke pflichtete ihm bei, mahnte aber, dass man die Probleme nicht schönreden dürfe. “Wir haben nach wie vor massive Herausforderungen, was die Infrastruktur, den sozialen Zusammenhalt und die Teilhabe der Bewohner angeht”, sagte er. Renard betonte, dass gerade im Brandenburgischen Viertel ein wertschätzender Dialog mit den Anwohnern wichtig sei, um deren Anliegen aufzunehmen.
Carsten Zinn warf ein, dass viele Bürger das Viertel nach wie vor als “Problemgebiet” wahrnähmen. “Dabei gibt es hier durchaus positive Entwicklungen, die von außen nicht immer sichtbar werden”, sagte er. Als Beispiel nannte er die Imker-AG Bienenparadies, die Aktivitäten im Hebelwerk oder die Bemühungen um ein neues Quartiersmanagement.
Renard betonte, dass die Stadt hier unbedingt stärker als Ermöglicher und Förderer auftreten müsse, anstatt alles selbst organisieren zu wollen. “Wir müssen den Menschen mehr Freiraum und Unterstützung geben, damit sie selbst aktiv werden können”, sagte er.
Wiebke warnte jedoch davor, die Probleme im Brandenburgischen Viertel zu verharmlosen. “Wir haben dort nach wie vor massive Herausforderungen, was die Infrastruktur, den sozialen Zusammenhalt und die Teilhabe der Bewohner angeht”, betonte er. Hier sei ein “konzentrierter und zielgerichteter Ansatz” der Stadtpolitik gefragt.
Insgesamt zeigte die Diskussion, dass die Kandidaten die zentralen sozialpolitischen Themen in Eberswalde erkannt haben und sich engagiert für Verbesserungen einsetzen wollen. Ob ihre Konzepte bei den Wählern verfangen, wird sich am 9. Juni zeigen.
K.I., Ende!
Die finalen Zahlen
Doch wie lange haben die Gäste nun insgesammt benötigt, um ihre Positionen in Worte zu fassen? Die finale Auswertung der Redezeiten zeigt folgendes Ergebnis:
- Dietmar Ortel (CDU) – 668 Sekunden (11:08 Min)
- Carsten Zinn (parteilos) – 759 Sekunden (12:39)
- Torsten Wiebke (Bündnis 90/Die Grünen) – 1224 Sekunden (20:24 Min)
- Steve Rennert (SPD) – 1199 Sekunden (19:59 Min)
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