Das „Haus am Stadtsee“ in Eberswalde, einst ein beliebtes Ausflugslokal, steht kurz vor seiner Eröffnung als Übergangswohnheim für Geflüchtete. Geplant ist, dass die ersten Bewohner noch Ende des Jahres 2024 einziehen.
Dieses Projekt sorgt jedoch für hitzige Debatten und stellt die Beteiligten vor Herausforderungen. Die Kritiker monieren vor allem die Kommunikationspolitik des Landkreises und der Stadt. Um Transparenz zu schaffen, lädt der Landkreis Barnim Interessierte zu zwei Tagen der offenen Tür ein, an denen Bürgerinnen und Bürger das Gelände selbst besichtigen und Fragen stellen können.
Geschichte des „Haus am Stadtsee“
Das „Haus am Stadtsee“ hat eine lange Historie als Ausflugsgaststätte, bekannt für seine idyllische Lage an der Chaussee nach Angermünde. Zahlreiche Eberswalder und Besucher aus der Umgebung nutzten das Lokal über die Jahre als Ort der Erholung. Doch in den letzten Jahren verfiel das Gebäude und stand schließlich leer. Seit 2023 befindet sich das „Haus am Stadtsee“ im Besitz des Landkreises Barnim, der es zu einer Unterkunft für Geflüchtete umfunktionieren will. Dieser Kaufvertrag, der hinter verschlossenen Türen mit der Stadt Eberswalde ausgehandelt wurde, sorgte bereits im Vorfeld für Aufregung. Die Zweckbindung des Hauses als Geflüchtetenunterkunft stand von Anfang an fest, dennoch wurde die Öffentlichkeit erst spät informiert – ein Punkt, der immer wieder für Unmut sorgt.
Kritik und die Rolle der AfD in der Stadtverordnetenversammlung
Nach den Kommunalwahlen im Juni 2024 ist die AfD die stärkste Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung von Eberswalde. Mit ihrem Erfolg bei den Wahlen hat die Partei die Möglichkeit, Anfragen an die Verwaltung zu stellen und verstärkt Einfluss auf die Stadtpolitik zu nehmen. In diesem Zusammenhang stellt die AfD-Fraktion zahlreiche Fragen zum Projekt „Haus am Stadtsee“. Diese betreffen nicht nur die Finanzierung und die Sicherheitsvorkehrungen, sondern auch die soziale Betreuung, die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und die Versorgungsmöglichkeiten für die neuen Bewohner.
Die AfD hat in den letzten Monaten mehrmals nachgehakt und forderte detaillierte Informationen. Die Stadtverwaltung und der Landkreis Barnim reagierten auf diese Anfragen, indem sie die Antworten an die AfD weitergaben und in Absprache mit dem Landkreis umfassende Informationen zu den Plänen teilten. Bürgermeister Götz Hermann (parteilos) wies darauf hin, dass die Zuständigkeit beim Landkreis Barnim liege und die Stadt Eberswalde die Antworten lediglich weiterleite. So bleibt die Frage der Umsetzung und Verantwortlichkeit ein Thema der Kommunikation zwischen dem Landkreis und den politischen Vertretern in Eberswalde.
Neues Übergangswohnheim mit Platz für 125 Personen
Der Umbau des „Haus am Stadtsee“ sieht vor, dass in den bestehenden Gebäuden rund 125 Geflüchtete und Asylsuchende untergebracht werden können. Im ehemaligen Gästehaus sollen 90 Menschen und im Hauptgebäude etwa 35 Menschen eine vorübergehende Bleibe finden. Da der Standort bereits in den Jahren 2015 bis 2017 als Unterkunft für Geflüchtete diente, können einige der damals geschaffenen Strukturen wieder genutzt werden. Dies erleichtert den Umbau und verringert den finanziellen Aufwand.
Zusätzlich zu den bestehenden Gebäuden plant der Landkreis Barnim, zwei weitere dreigeschossige Module zu errichten, die Platz für etwa 80 Personen bieten sollen. Diese Module sind in einer praktischen Bauweise erstellt und sollen die Unterbringungskapazität des „Haus am Stadtsee“ erweitern. Jedes der neuen Module bietet auf drei Etagen jeweils zwei Wohneinheiten, die über Schlafräume, Aufenthaltsbereiche, Badezimmer und separate WCs verfügen. Für den Bau dieser Module zeichnet sich das Unternehmen Timpla verantwortlich, das erst kürzlich im Technologie- und Gewerbepark Eberswalde seine Produktion aufgenommen hat. Die modulare Bauweise ermöglicht eine schnelle und flexible Umsetzung und ist für den Landkreis eine wirtschaftliche Option, die gleichzeitig den Anforderungen an Wohnqualität gerecht wird.
Finanzielle Anreize und die Eile beim Umbau
Ein wesentlicher Grund, warum das Projekt in einem solchen Tempo vorangetrieben wurde, liegt in den finanziellen Anreizen, die das Land Brandenburg im Rahmen des sogenannten Brandenburg-Pakets zur Verfügung stellt. Dieses Paket sieht eine erhöhte Investitionspauschale für neu geschaffene Unterbringungsplätze in den Jahren 2023 und 2024 vor. So erhält der Landkreis Barnim für jeden neuen Platz eine Pauschale von insgesamt 9.300,81 Euro, die weit über der regulären Investitionspauschale von 2.300,81 Euro liegt. Diese Förderung endet jedoch am 31. Dezember 2024, sodass der Landkreis ein finanzielles Interesse daran hat, die Baumaßnahmen noch in diesem Jahr abzuschließen. Der schnelle Umbau ist also auch eine Frage der finanziellen Machbarkeit und Effizienz.
Der Landkreis Barnim hat zudem vom Land Brandenburg die Verpflichtung erhalten, ausreichend Unterbringungsplätze für Asylsuchende zu schaffen. Bis zum Stichtag 26. September 2024 waren dem Landkreis 440 Personen für das Kalenderjahr 2024 zugewiesen, während das Aufnahmesoll bei 1.299 Personen liegt. Die Zahl der aufzunehmenden Personen richtet sich nach verschiedenen Faktoren, darunter die Zuweisungen durch die Zentrale Ausländerbehörde und die Verfügbarkeit von Wohnraum. Robert Bachmann, Pressesprecher des Landkreises, betont, dass es das Ziel des Landkreises sei, das Aufnahmesoll bestmöglich zu erfüllen, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.
Herausforderungen in der Umsetzung und Einbindung der Bürger
Die Pläne zum „Haus am Stadtsee“ stoßen bei einigen Bürgerinnen und Bürgern auf Skepsis und Unverständnis. Der Verfall des Gebäudes über die letzten Jahre hat bei vielen Anwohnern zu der Vorstellung geführt, dass das Gelände kein geeigneter Standort für eine Geflüchtetenunterkunft sei. Hinzu kommen Fragen zur Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und zur Versorgung der zukünftigen Bewohner. Die Frage der Sicherheit und sozialen Betreuung spielt ebenfalls eine Rolle, und die Stadtverwaltung bemüht sich darum, diese Themen transparent zu kommunizieren.
Eine weitere Herausforderung ist die Einbindung der Bevölkerung in den Entscheidungsprozess. Bereits früh forderten einige Politiker, darunter Carsten Zinn von Bündnis Eberswalde, eine frühere und umfassendere Einbindung der Bürger. Diese Kritik führte dazu, dass Zinn die Öffentlichkeit eigenständig informierte, was ihm eine Anzeige wegen Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht einbrachte. Der Landkreis betont jedoch, dass sämtliche Planungen und Umsetzungsmaßnahmen in enger Abstimmung mit den zuständigen Behörden und der Stadt Eberswalde erfolgen. So sollen die Bedürfnisse und Bedenken der Anwohner berücksichtigt werden.
Einladung zu den Tagen der offenen Tür
Um den Bürgerinnen und Bürgern eine Möglichkeit zu geben, sich selbst ein Bild vom Projekt zu machen, lädt der Landkreis Barnim zu zwei Tagen der offenen Tür ein. Der erste Termin findet am 13. November 2024 von 14:30 bis 17:00 Uhr im Lindenpark Haus 11 in Eberswalde statt. Der zweite Tag der offenen Tür ist für den 5. Dezember 2024 von 15:00 bis 18:00 Uhr am „Haus am Stadtsee“ selbst geplant. Diese Veranstaltungen bieten die Gelegenheit, das Gelände und die neuen Einrichtungen zu besichtigen und die Verantwortlichen direkt zu befragen.
Vertreterinnen und Vertreter der Kreisverwaltung sowie der Stadt Eberswalde werden vor Ort sein, um Fragen zu beantworten und über die geplanten Schritte zu informieren. Themen wie die soziale Betreuung der Bewohner, Integrationsmaßnahmen, Sicherheitskonzepte und die Anbindung an die städtische Infrastruktur stehen dabei im Mittelpunkt. Die Bürgerinnen und Bürger können die Räumlichkeiten besichtigen und erhalten Einblick in die modularen Wohneinheiten, die den neuen Bewohnern zur Verfügung stehen werden.
Gelegenheit zum Dialog und zur Information
Das Projekt „Haus am Stadtsee“ in Eberswalde ist ein Thema, das die Stadt bewegt und sowohl Befürworter als auch Kritiker auf den Plan ruft. Die Herausforderung für den Landkreis und die Stadtverwaltung besteht darin, die vielfältigen Bedenken der Bevölkerung ernst zu nehmen und gleichzeitig den gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Die Tage der offenen Tür bieten eine Möglichkeit, Transparenz zu schaffen und den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zu suchen.
Der Umbau des „Haus am Stadtsee“ ist Teil einer umfassenden Strategie des Landkreises Barnim, ausreichend Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete bereitzustellen und dabei den finanziellen Rahmen optimal auszuschöpfen. Die Förderung durch das Brandenburg-Paket stellt sicher, dass der Landkreis bis Ende 2024 eine erhöhte Investitionspauschale erhält, sodass der Umbau wirtschaftlich effizient gestaltet werden kann.
Für Interessierte bieten die Tage der offenen Tür am 13. November und 5. Dezember 2024 eine einmalige Gelegenheit, das Projekt genauer kennenzulernen und mit den Verantwortlichen ins Gespräch zu kommen. Sie können sich vor Ort selbst ein Bild von den Unterkünften machen und alle offenen Fragen zu den Themen Unterkunft, Betreuung und Integration direkt ansprechen. Diese Besichtigungsmöglichkeiten sollen dazu beitragen, die Akzeptanz in der Bevölkerung zu stärken und ein besseres Verständnis für die Pläne des Landkreises zu schaffen. Wenn Sie sich ein persönliches Bild machen möchten, sind Sie herzlich eingeladen, an einem der beiden Termine teilzunehmen.
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